So kennt man Rudi Pangerl mit seinem Flügelhorn. Seit 50 Jahren leitet er die Freudenseer Trachtenkapelle.
So kennt man Rudi Pangerl mit seinem Flügelhorn. Seit 50 Jahren leitet er die Freudenseer Trachtenkapelle.

Portrait Rudi Pangerl: Seit 50 Jahren gibt „Maestro Pangerl“ den Takt an

Portrait zum 50-jährigen Jubiläum als Kapellmeister 2016

 

Wir schreiben das Jahr 1966. Der erst 18-jährige Rudolf Pangerl jun. übernimmt mehr oder weniger freiwillig als Kapellmeister die Leitung der fünf Jahre zuvor gegründeten Trachtenkapelle D’Freudenseer und wird damit ins sprichwörtlich „kalte Wasser“ geworfen. Heute – ein halbes Jahrhundert später – darf Rudi Pangerl ein seltenes Jubiläum feiern. Denn seine Begeisterung für die bayrisch-böhmische Blasmusik ist für ihn zu einer Lebensaufgabe geworden. Seit 50 Jahren gibt er bei der Trachtenkapelle D‘Freudenseer als Kapellmeister den Takt an.

Rudi Pangerl (2.v. l.) gehört zusammen mit seinem Vater Rudolf Pangerl sen. (l.), Hans Hoffmann, Ludwig Hoffmann, Helmuth Hoffmann und Ernst Bauer, der anfangs auch die Leitung innehatte, zu den Gründungsmitgliedern der Trachtenkapelle D’Freudenseer.
Rudi Pangerl (2.v. l.) gehört zusammen mit seinem Vater Rudolf Pangerl sen. (l.), Hans Hoffmann, Ludwig Hoffmann, Helmuth Hoffmann und Ernst Bauer, der anfangs auch die Leitung innehatte, zu den Gründungsmitgliedern der Trachtenkapelle D’Freudenseer.

Die Musik und die Trachtenkapelle D’Freudenseer nehmen im Lebenslauf von Rudolf Pangerl nicht nur einen sehr großen Platz ein, sondern sie bestimmen ihn. Als im Juni 1961 durch den damaligen Vorstand des Trachtenvereins D’Freudenseer, Ludwig Hoffmann, und dem Vater des Jubilars, Rudolf Pangerl sen., die heutige Trachtenkapelle gegründet wurde, war Rudolf Pangerl jun. eines der Gründungsmitglieder. Sein Vater, der aus Böhmen stammte, hat seinem Sohn Rudolf die Begeisterung für die Blasmusik vererbt. Rudi Pangerls Instrument ist bis heute das Flügelhorn, das er bei seinem Vater und beim damaligen Kapellmeister der Freudenseer, Hans Florian, erlernte.

Im Jahr 1966 begann schließlich die „Ära Rudi Pangerl“ bei der Trachtenkapelle D’Freudenseer. Nachdem Hans Florian sein Amt als Kapellmeister abgab, bedrängten die jüngeren Musikanten und auch sein Vater den 18-jährigen die Leitung der Trachtenkapelle zu übernehmen, wie Rudi Pangerl im Gespräch erzählte.

„Es war eine schwierige Zeit“, erinnert sich Pangerl über den Beginn seiner Karriere als Kapellmeister. Die Grundvoraussetzungen für diese Aufgabe haben ihm komplett gefehlt, wie er im Rückblick berichtet. Somit war es notwendig sich alles selbst zu erarbeiten – teils durch Lesen von entsprechender Literatur, teils durch den Besuch von Seminaren. Obwohl die Freudenseer damals nur eine kleine Tanzkapelle waren, waren die Anfänge doch nervenaufreibend, wie Pangerl diese Zeit zusammenfasst.

Die ersten Jahre als Kapellmeister waren für Rudi Pangerl auch Jahre des Auf- und Ausbaus der Trachtenkapelle. So gab Pangerl in seinen jungen Jahren selbst Unterricht und bildete viele junge Musiker aus, die er wieder in die Blaskapelle integrieren konnte. Aber die Trachtenkapelle selbst veränderte sich über die Jahre immer wieder. „Bei einer Musikkapelle scheiden immer wieder Musiker aus“, wie Pangerl erzählt. Er führte die Kapelle in den letzten 50 Jahren durch Höhen und Tiefen. Doch Rudolf Pangerl gab auch in diesen Situationen nicht auf, sondern fand immer wieder eine Lösung und neue Musiker, damit die Trachtenkapelle weiterbestehen konnte. Seiner ruhigen und diplomatischen Art ist es zu verdanken, dass die Trachtenkapelle mittlerweile seit 55 Jahren besteht.

Bereits kurz nach ihrer Gründung hatte sich die Kapelle dem Trachtenverein D’Freudenseer angeschlossen. Die Kapelle ist fester Bestandteil des Trachtenvereins und hat sich damit der Pflege der Volksmusik verpflichtet. Neben der bayrischen und böhmischen Blasmusik pflegt die Trachtenkapelle besonders das Spielen von Volkstänzen. Dafür hat Rudi Pangerl sehr viel Zeit investiert. In mühseliger Kleinarbeit wurden von ihm Einzelstimmen von Instrumenten gesammelt oder von alten Harmonikaspielern aufgezeichnet. Anschließend bearbeitete er die Volkstanzmelodien für die Blasmusik. So haben sich in all den Jahren um die hundert Volkstänze und weitere Musikstücke angesammelt. Davon haben nicht nur die Freudenseer, sondern auch viele andere Musikkapellen profitiert, die von Rudi Pangerl Noten bekommen haben.

Das Schreiben der Notensätze war für Pangerl am Anfang eine große Aufgabe. Zum einen musste er sich in diese Aufgabe einarbeiten, zum anderen war es eine mühselige Arbeit die Noten per Hand zu schreiben. Eine große Hilfe war ihm dabei sein Vater, wie Pangerl erzählt, der eine saubere und exakte Notenschrift hatte. Erst 1993 erleichterte ein Computer diese Arbeit. In diesen Jahren hat Rudi Pangerl nicht nur Volkstänze für die Blaskapelle arrangiert, sondern auch Choräle und Märsche. Einige davon hat er auch für spezielle Ereignisse selbst komponiert.

Unter der Leitung von Pangerl hat sich die Trachtenkapelle aber auch für modernere Musikstücke wie Schlager geöffnet, die von ihm für die Besetzung der Freudenseer bearbeitet wurden. Dies führte aber auch zu Diskussion im Trachtenverein, wie einem Bericht von 1971 in der Vereinschronik zu entnehmen ist. „Die Trachtenkapelle muss immer wieder eingebremst werden, um nicht zu sehr auf die moderne Linie einzuschwenken“, ist darin zu lesen. Trotzdem war für Rudi Pangerl die Pflege der Volksmusik immer im Vordergrund, um damit das kulturelle Leben in seiner Heimatgemeinde durch die Blasmusik zu bereichern, wie er selbst sagt.

Die Freudenseer sind aber weit über die Grenzen von Hauzenberg und des Landkreises Passau hinaus bekannt. In den letzten fünf Jahrzehnten hatten die Freudenseer Auftritte auf der Grünen Woche in Berlin, der Hannovermesse, aber auch in Belgien und Holland. Bei einer der Reisen nach Italien und Rom wurde Kapellmeister Pangerl kurzerhand zum Maestro und Diretto erklärt.

Auch im Dreiflüssetrachtengau ist Rudi Pangerl mit seinen Musikanten gefragt. Mehr als 25 Mal haben die Freudenseer bereits beim Gauball mit den von Rudi Pangerl gesammelten Volkstänzen zum Tanz aufgespielt und sind damit eine der wenigen Kapellen, die einen kompletten Volkstanzabend bestreiten kann. Seit vielen Jahren gestalten sie auch den Festgottesdienst am Maidultsonntag mit ihren Chorälen, die oft aus der Feder von Rudi Pangerl stammen.

Ohne Pleiten, Pech und Pannen sind die letzten 50 Jahre auch an Rudi Pangerl nicht vorbeigegangen. Als Kapellmeister kann er von vielen Pannen und Anekdoten berichten. Auch er selbst wurde dabei nicht verschont. Besonders blieb ihm dabei in Erinnerung, dass er im Januar 2009 einen Teil der Strecke zum Gauball nach Ruhstorf zu Fuß und im Laufschritt zurückgelegt hat. Was war passiert? Rudi Pangerl hatte kontrolliert, ob der Probenraum abgeschlossen ist. In dieser Zeit fuhr der Bus los und keiner merkte, dass der Kapellmeister noch fehlte. Erst auf dem Weg Richtung Kramersdorf merkte man, dass jemand neben dem Bus herlief und hektisch winkte. Man hatte schlichtweg den Chef vergessen!

Dass Rudi Pangerls Lebenslauf eng mit der Musik verbunden ist, zeigt sich auch in seinem Berufsleben. Pangerl arbeitete bis zum Eintritt in die Altersteilzeit als Betriebsmittelkonstrukteur bei der ZF Passau. Im Jahre 1981 erweckte er dort die ZF-Werkskapelle wieder zum Leben und leitete das Orchester 25 Jahre lang. Sein Ruhestand ist aber mehr ein „Unruhestand“. Denn Rudi Pangerl ist oft als Musiker unterwegs – entweder als Aushilfsmusiker oder mit der Hauzenberger Trauerkapelle, die er seit 2010 leitet. Rudi Pangerl ist auch außerhalb des Trachtenvereins ehrenamtlich aktiv. In Hauzenberg ist er Vorsitzender der KAB Ortsgruppe und Ausschussmitglied des Unterstützungsvereins.

Für seinen Einsatz wurde Rudi Pangerl bereits mehrfach geehrt. Unter anderem erhielt er das Gauehrenzeichen des Dreiflüsse-Trachtengaues und das goldene Ehrenzeichen des Trachtenvereins D’Freudenseer, sowie die Ehrenurkunde für das Ehrenamt der Stadt Hauzenberg. Zu seinem 45-jährigen Jubiläum als Kapellmeister wurde er vom Musikbund mit der „Fördermedaille in Gold“ geehrt.

Diese Lebensleistung ist aber ohne den Rückhalt in der Familie nicht möglich. Seine Frau, die drei Kinder und inzwischen vier Enkel sind für ihn der nötige Ausgleich und der ruhende Pol, um sich in der verbleibenden Freizeit zu entspannen.

Daher ist es für den Jubilar, Kapellmeister Rudolf Pangerl, besonders wichtig, dass dieses besondere und seltene Jubiläum gemeinsam mit seiner großen Familie gefeiert wird. Gemeinsam mit Rudi Pangerls Familie, allen Musikern der Trachtenkapelle D’Freudenseer und Musikkollegen aus anderen Kapellen, den Freudenseer Trachtlern, den Vorstandschaften, bei denen der Jubilar mitwirkt, und dem befreundeten Musikverein Großdeinbach, sowie von ihm geladenen Gästen wird das 50-jährige Jubiläum des Kapellmeisters Rudolf Pangerl gefeiert.